Forschendes Lernen - Beispiel 1: Kriechschädigung an Korngrenzen


An der Ruhr-Universität Bochum stellt forschendes Lernen ein wichtiges Element des Selbstverständnisses dar. Dabei werden Studierende in laufende Forschungsprojekte eingebunden. Wir wollen hier an einem Beispiel zeigen, wie solch eine Einbindung am Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft konkret aussieht.

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Abbildung 1: Schmelzen von Legierungen in einem Vakuuminduktionsschmelzofen.



Es geht in diesem Beispiel um Kriechporenschädigung. Wenn man Werkstoffe bei hohen Temperaturen belastet, können sich auf Korngrenzen kleine Poren bilden, die wachsen und letztlich zum Kriechbruch führen. Dies begrenzt die Lebensdauer von Hochtemperaturkomponenten und ist deshalb technisch von höchster Wichtigkeit. Das Entstehen und das Wachstum solcher Poren muss man deshalb genau verstehen. Dabei spielen zwei Faktoren eine entscheidende Rolle: (1) Der Orientierungsunterschied zwischen den beiden Körnern, die durch die Korngrenze getrennt werden. (2) Die Chemie der Korngrenze, insbesondere die An- oder Abwesenheit von dritten Elementen.

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Abbildung 2: Zylindrischer Gussblock beim Einschieben in
die Rundhämmermaschine.


Um dieser Frage nachzugehen, wurden Cu-, CuBi- und CuSb-Legierungen erschmolzen und thermomechanisch so behandelt, dass sich in den drei Systemen eine ähnliche Korngröße einstellt. Das Bi und das Sb reichern sich an den Korngrenzen an, so dass man drei Systeme vergleichen konnte: vielkristallines reines Kupfer und Kupfer mit Bi bzw. mit Sb an den Korngrenzen. Bereits in dieser Frühphase des Forschungsprojekts konnten Studierende eine Reihe von Arbeiten durchführen. Zum Beispiel kann das Erschmelzen der Legierungen untersucht werden, dazu müssen Schmelzversuche in einem Vakuuminduktionsschmelzofen durchgeführt werden, wobei die erschmolzenen Ingots auf chemische Homogenität hin untersucht werden müssen.

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Abbildung 3: CuBi-Ingot nach dem Rundhämmern.


Dann können Forschungsprojekte von Studierenden zur thermomechanischen Behandlung und zum Einstellen einer konstanten Korngröße durchgeführt werden.

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Abbildung 4: Mikrostruktur von reinem Kupfer nach dem Rundhämmern.



Es folgt die Durchführung von Kriechversuchen, wobei am Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft eine spezielle Miniaturkriechprobe zum Einsatz kommt.
Auch hier gibt es ausreichend Stoff für wissenschaftliche Arbeiten von Studierenden.

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Abbildung 5: Durchführung von Kriechversuchen an Miniaturkriechproben unter Schutzgas.



In einer sorgfältigen mikroskopischen Untersuchung unter Einsatz der
orientierungs-abbildenden Rasterelektronenmikroskopie werden Korngrenzen mit Kriechporen metallographisch untersucht.

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Abbildung 6: Beispiele für die Auswertung von Kriechporenschädigung in einer Minikriechprobe.



Als Ergebnisse erhält man zum Beispiel, wie die Kriechporenschädigung von der kristallographischen Natur der Korngrenze oder von der Chemie der Korngrenze abhängt. Bei einer Semester-, Bachelor- oder Masterarbeit in diesem Bereich lernt man wichtige Herstellungsverfahren (Schmelzmetallurgie, Umformen) kennen. Die Studierenden befassen sich mit mikroskopischen Verfahren (Lichtmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie). Sie lernen, Kriechversuche durchzuführen und Kriechproben metallographisch zu untersuchen. Insbesondere kommt man mit der orientierungsabbildenden Rasterelektronenmikroskopie in Kontakt. Sie entwickeln ein gutes Verständnis für Vorgänge, die die Lebensdauer von Hochtemperaturwerkstoffen bestimmen.
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