Forschendes Lernen - Beispiel 2: Funktionelle Ermüdung von Formgedächtnisaktoren
An der Ruhr-Universität Bochum stellt forschendes Lernen ein wichtiges Element des Selbstverständnisses dar. Dabei werden Studierende in laufende Forschungsprojekte eingebunden. Hier soll an einem zweiten Beispiel gezeigt werden, wie man sich so etwas vorstellen kann.
Abbildung 1: Herstellen von NiTi-Formgedächtnisdrähten: Erschmelzen, Rundhämmern, Rundwalzen, Drahtziehen.
Es geht hier um die faszinierenden Formgedächtnislegierungen, die sich nach starker Verformung an ihre Form erinnern können. Wenn man sie erhitzt, kehren sie in ihre Ausgangsform zurück. Man kann diesen Einwegeffekt (1-WE) in Aktoranwendungen nutzen. Formgedächtnisaktoren werden so hergestellt, dass sie bei bestimmten Temperaturen schalten. So sollen sie zum Beispiel bei 100°C das Heißwasserventil in einer Kaffeemaschine, bei 40°C ein Gewächshausfenster öffnen usw. Ein Formgedächtnisaktor hat dabei gegenüber einem klassischen motorgetriebenen Aktor den Vorteil, dass er sehr klein baut und absolut erschütterungsfrei arbeitet, da er nur auf Temperaturänderungen reagiert. Am Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft können wir uns selber NiTi-Drähte herstellen und daraus Aktorfedern wickeln.
Abbildung 2: Aktorfeder, die am Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft gewickelt wurde. Anschließend wurde ihr ihre Form durch eine Wärmebehandlung eingeprägt.
Die Prozessrouten für die Herstellung von Aktorfedern, wurden am Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft im Rahmen verschiedener Forschungsarbeiten von Studierenden optimiert. Im Rahmen von Projektarbeiten von Studierenden wurde auch ein Prüfstand aufgebaut, der es erlaubt, die funktionelle Ermüdung von Formgedächtnislegierungen zu untersuchen. Hierfür wurde am Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft von Doktoranden und Studierenden ein Ermüdungsprüfstand entwickelt.
Abbildung 3: Formgedächtnis-Aktorfeder im Prüfstand des Lehrstuhls Werkstoffwissenschaft.
Im Ermüdungsversuch wird die Feder bei niedriger Temperatur (im martensitischen Zustand) durch ein Gewicht in die Länge gezogen. Sie wird dann durch direkten Stromdurchfluss (in den austenitischen Zustand) erhitzt. Dabei zieht sie sich zusammen. Es wird nun untersucht, wie sich die Feder bei mehrfacher zyklischer Beanspruchung verhält und wie das von der Maximaltemperatur, von der Gegenlast und von der Geometrie der Feder abhängt. Außerdem ist für einen Werkstoffwissenschaftler interessant, ob das Ermüdungsverhalten der Feder durch eine andere Legierungszusammensetzung oder durch eine andere thermomechanische Behandlung verbessert werden kann.
Abbildung 4: Formänderung der Aktorfeder beim Heizen und Kühlen.
Großes Interesse besteht auch in der mikrostrukturellen Analyse der Elementarprozesse, die für die funktionelle Ermüdung von Formgedächtnisfedern verantwortlich sind. Hierzu werden Untersuchungen am Raster- und Durchstrahlungselektronenmikroskop durchgeführt. Auch solche mikroskopischen Untersuchungen stellen interessante Themen für Bachelor- und Masterarbeiten dar.
Abbildung 5: Herstellung (Ingot, Rundstab, Draht, Feder)
und Ermüdung (irreversibel verformte Feder nach vielen Heiz/Kühl-Zyklen) von NiTi-Aktorfedern.